April 2018 - Weltreise Update
Schland
Puh endlich alles erledigt! Am 8. April sind wir losgefahren.
Einer der schönsten Tage die Berlin 2018 bis dahin gesehen hatte. Gestartet sind wir am Tempelhofer Feld. Begleitet wurden wir die ersten 30 Kilometer von einer gut gelaunten Gruppe von ca. 20 Radfahrern, Kollegen und Freunden. Wir hielten zum ersten Mal für eine Reifenpanne, zum Glück nicht bei Yves oder mir und zum zweiten Mal für Bier, Pommes und selbst gebackenes Gebäck am Müggelsee. Das war echt ein super Abschied, den wir uns besser nicht hätten vorstellen können. Danke :**!!! Nach ein paar Tränen fuhren Yves und ich dann alleine weiter und fanden sofort einen super Ort an einem See in der Nähe von Königswusterhausen.
Am ersten Tag stellten wir auch den Tod unserer beiden GPS-Systeme fest. Wie man so schön sagt: Ein neues Leben kommt und ein altes Leben geht. Aber was soll’s, Mimo musste ab jetzt navigieren und weil ihr GPS keine Karte mehr laden konnte, musste sie versuchen einer Linie im Nirgendwo zu folgen. Das strapazierte Yves Nerven, der sehr gerne navigiert und dessen GPS ja total im A. war. Das Problem konnten wir erst ca. 780 km weiter in Wien lösen.
Deutschland verabschiedete sich von uns mit seinem schönsten Gesicht. Wir fuhren durch den Spreewald und waren noch ganz dreist und unbefangen und campten direkt außerhalb der Stadt Lübben (und mutiger Weise innerhalb des von uns so genannten “Idiotenradius”, den wir sonst vermeiden) am Rad-, Jogging-, Gassigehweg. Nichts passierte.
In der Lausitz fanden wir ein paar riesige Bergbau-Seen vor - sehr kalt aber gut für eine kurze Erfrischung und sehr der Hygiene zuträglich - perfekt zum campen.
Dann fuhren wir nach Dresden zu Mimos Ex-Mitbewohnerin/ Freundin/ little Chicken Jenny plus Freund Matze und Mitbewohner Stefen, besetzten dort Jennys Zimmer für 3 Nächte und klärten die GPS-Sache. Wir quatschten viel, kochten, aßen, chillten. Es war schön, dass sich so der (vorerst :)) endgültige Abschied von Zuhause ein bisschen in die Länge zog.
Es ging an der Elbe entlang über die Sächsische Schweiz nach Tschechien. Dann sagten wir Tschüss zu unseren unverschämt guten Radwegen.
Tschechien
Wir waren nicht mehr in Deutschland, jetzt konnte das Abendteuer richtig losgehen! Die Natur wurde wilder, es wurde bergiger, wir campten wild, mehrere Tage am Stück.
Wir fuhren über Hřensko nach Tschechien rein und sahen sudetische Dörfer mit wunderschöner dekorativer Holzarchitektur, die Kirschbäume waren schon an blühen. Die Dörfer sind geprägt von ihrer Geschichte, es gibt eine Armut, die wir in anderen Teilen Tschechiens nicht beobachteten, doch es gibt auch eine sehr selbstverständliche Gastfreundschaft. Auf Grund der Hitze (25-35°C) verbrauchten unheimlich viel Wasser, dass wir uns immer bei Leuten erfragten, hier bekamen wir von 2 alten Damen und einem Herren sogar ein riesiges Stück selbst gebackenen Kuchen dazu. “Hello, hello, dobrý den, voda???” Haha, wir können null tschechisch.
Beim Wildcampen waren wir noch etwas ängstlich, aber theoretisch ist Tschechien wie gemacht dafür. An einer unserer besten Spots blieben wir 2 Nächte, da es wie aus Strömen regnete und Mimo ein schmerzendes Knie hatte. Wir machten es uns gemütlich spielten Flux (sehr zu empfehlendes Kartenspiel), und ließen uns jeweils von 4 Zecken anbeißen.
Auf Grund des Regens suchten wir uns die Nacht darauf eine Unterkunft bei Warmshowers- Gastgebern (Couchsurfing für Radfahrer). Wir landeten bei Lucy, Tomáš, und deren 8-jährigen Sohn Oskar. Die drei sind super begeisterte und erfahrene Radreisende und Camper. Bei einem sehr leckerem indischen Curry, das Thomas gekocht hatte, berichteten sie von ihren Abendteuern in Osteuropa und ihrem Plan bald zum ersten Mal mit Oskar eine Radreise zu fahren. Oskar, dessen Lieblingstiere eindeutig Schlangen sind, war uns gegenüber total offen und begeistert. Mimo lernte einiges Tschechisch von ihm. Er malte auch ein Bild von uns, auf dem er besonders Yves Bart genau traf.
Das Radfahren in Tschechien war recht anspruchsvoll, besonders weil wir nach dem Winter nicht besonders gut trainiert waren. Einige Steigungen kamen wir mit unseren Rädern nicht hoch und mussten schieben. Die Radwege und Straßen sind jedoch bis auf ein seeehr spezielles Erlebnis recht gut. Das Erlebnis geschildert Anhand des Straßenverlaufs: makelloser Asphalt Steigung 5%, brüchiger Asphalt Steigung 10%, Kies Steigung 12%, Mountainbiketrail Steigung 13%, Fluss Steigung 15%, Wurzeln Steigung 18%. Und da wir recht stur veranlagt sind und keinen Bock auf Umwege haben, mussten wir da hoch (schieben).
Wir fuhren durch viele Nationalparks mit Hängebrücke - das ist Yves sehr wichtig zu erwähnen :). Wir sahen jede Menge junger Rehböcke von recht naher Entfernung - was für schöne Tiere! Wir sahen so viele verschiedene Vogelarten, wie nie zuvor. Ich glaube das klopfen der Spechte zu dieser Jahreszeit werden wir immer mit Tschechien in Verbindung bringen.
Hübsche Städtchen gibt es in Tschechien auch; Poděbrady, Kolín, Kutná Hora, schauen wir uns kurz an, trinken hier ein Bier und da eine Kofola. Kofola ist die Coke, die es wohl seit Sowiet-Zeiten in Tschechien gab, sie schmeckt wie Kola mit Kräuterlikör, aber ohne den Geschmack von Alkohol oder so ähnlich… Geschmacksache.
Österreich
Österreich war eine kurze aber dramatische Etappe unserer Reise. Es gab einen Unfall!
Nach dem wir den tschechisch-österreichischen Nationalpark Podyjí durchquert hatten, legte sich Mimo mit der GoPro auf der Schulter, vielleicht etwas übermütig, nach einer kleinen Abfahrt, in einer scharfen Kurve, auf den nassen Asphalt. Resultat waren ein stark abgeschürfter Ellenbogen und ein noch stärker abgeschürftes Knie. Nach dem einige Autos und Traktoren an der Unfallstelle vorbeigefahren sind blieb eine Frau stehen und sagte uns, dass die Dorfarztpraxis in der Kirche zu finden sei. Ich wurde zugleich zum Arzt gebeten. Es war ein ungewöhnlicher Arztbesuch! Es wurde sich sehr viel Zeit genommen 1,5std. Ich bekam eine sehr gute Beratung, obwohl ich den wahrscheinlich chinesisch stämmigen Arzt auf Grund seines sympathischen asiatisch-österreichischen Dialektes nur schwer verstand. Dazu gab es noch einen kleinen Streit zwischen der Schwester, die mir unheimlich viel Verbandsmaterial mitgeben wollte und dem Arzt, der auf Sparkurs war.
Frisch verbunden ging es am selben Tag noch 100km weiter nach Wien. Es war eine angenehme Fahrt, die Wunden taten bei Bewegung nur mäßig weh und wir hatten sehr schöne Radwege durch die Weinberge mit ihren hübschen Weinkellern und an der Donau entlang.
Auf Grund von Mimos Verletzung, aus Desinteresse am Sightseeing-Wahn und mangelnder Wien-Tips verzichteten wir auf eine ausführliche Besichtigung. Wir verbrachten unsere Tage lieber bei unseren Gastgebern Anna und Florian zuhause, die gerade eine ähnliche Radreise wie wir durch Europa planten. Wir fachsimpelten, kochten und aßen zusammen - die beiden waren wieder super Gastgeber!
Am ende holten wir bei unserem fleißigen Helfer Stefan, Freund von Freund von Yves, der uns netterweise seine Adresse für den Versand zur Verfügung gestellt hatte, unser neue GPS Gerät ab. Yves Freude darüber war unbeschreiblich.
Slowakei
Es ging weiter die Donau entlang. Einen Tagesritt von Wien entfernt liegt Bratislava. In der Slowakei wurden wir von freundlich grüßenden Rennradlern empfangen, mindestens 5 davon trugen Peter Sagan Trikots.
Wir fuhren zu unserem Gastgeber Michal - sportverrückt und Outdoorfan, ein Freund von nem Freund von nem Freund von Yves. Wir erkundeten die schöne, kleine Hauptstadt ein wenig. Abends gingen wir mit Michal ein Bier in einer urigen Kneipe trinken. Dazu gab es typischerweise einen in Öl eingelegten Hermelín, ein camenbertartiger Weichkäse, mit gutem Brot. Sehr lecker! Gutes, gehaltvolles Brot war andernorts in Tschechien und der Slowakei für uns leider kaum zu finden. Das war von großem Nachteil, was unsere Verdauung anging. Ach ja kleiner Profi-Tipp: Das billigste Eis aus dem Supermarkt - Fruchtsorbet mit Schokoüberzug - ist göttlich.
Danach ging es den Donauradweg weiter, dessen Qualität sich leider stets verschlechterte. Irgendwann fuhren wir nur noch sehr langsam gegen den Wind und in einem mindestens 10 cm tiefen Bett aus Donau-Kieseln. Oft war die Luft voll mit Pollen oder kleinen Fliegen - super nervige und kitzelige Sache. Als Belohnung für unsere Anstrengungen fanden wir dann aber tolle Campingplätze direkt an der Donau. Bei der Hitze und dem Lichteinfall erinnerten sie uns an tropische Mangrovenwälder. Auf dem Foto sieht man unseren so genannten “Thailandspot”. Hier und an weiteren Stellen an der slowakischen Donau hatten wir, auf Grund des klaren Wassers, keinerlei Hemmungen uns zu baden, zu schwimmen und uns komplett zu waschen, das gab viele Kompfortpunkte.
Hier sichteten wir auch neben der vielen ungestörten Natur und den zahlreichen Bienenstöcken auch die ersten anderen Bikepacker.
Es ist unglaublich schön mit dem Rad zu reisen es gibt einem Zeit, man sieht viel, es ermöglicht die einfache Kontaktaufnahme mit fremden Personen. Es ist aber auch oft sehr hart gewesen und man kommt an seine körperlichen und mentalen Grenzen. Es ist ein tägliches Training. All diese schönen Erlebnisse haben wir uns auf diese Weise verdient, das ist ein schönes Gefühl.
Ab jetzt gibt es hoffentlich monatlich ein Update von uns! Liebste Grüße aus dem momentan unmenschlich heißen Istanbul.